Montag, 7. September 2009

Revue

Ich sitze gerade im Flugzeug und habe die Gelegenheit, das ganze Jahr nochmal Revue passieren zu lassen. Es schießen mir die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Auf der einen Seite ging das Jahr so unglaublich schnell rum. Auf der anderen Seite habe ich so wahnsinnig viele, verschiedene Sachen erlebt. Was erwartet mich zu Hause und wie schnell lebe ich mich wieder ein. Was hat sich verändert? Wie hab ich mich verändert? usw. usw.

Aber noch mal zurück zum Anfang. Was hat man uns nicht alles an der Hochschule über Japan beigebracht, von Freunden gehört oder sich für Vorstellungen gemacht. Stimmen die vielen Vorurteile? Wie kommt man mit der Verhaltensweise der Japaner und den Kulturunterschieden klar? Natürlich hat sich vieles bestätigt. Jedoch ist es immer anders, wenn man es life, real erlebt. Die Japaner vermeiden NEIN zu sagen. Sie nicken nach jedem Satz bestätigend und JA, Japaner sind die wohl höflichsten Menschen der Welt. Anderes hat sich wiederum gar nicht bestätigt. Jeden Tag Sushi oder Hunde, Katzen, Schlangen zu essen, da von vielen Westlern mit China gleichgesetzt, ist ein riesiger Trugschluss.

Japan ist in so vielen Dingen so unglaublich anders. Ich meine man kommt am Flughafen an und muss erstmal doppelt so viele Papiere ausfüllen wie überall anderswo, da die Sicherheit hier "zu" groß geschrieben wird. Dann wird man doch ernsthaft gefragt, ob man Waffen, Drogen oder ähnliches mit sich führt. Puh, alles geschafft, die Panzerfaust diesmal zu Hause gelassen. Jetzt muss ich erstmal auf Toilette. Was ist das!? Wo spüle ich denn hier. Die ganzen Knöpfe und ich kann nichts lesen. Wozu habe ich denn schon zwei Jahre Kanjis (Japanische Schriftzeichen) gepaukt. Muss ich mich hier erst einloggen, bevor ich mein Geschäft verrichten kann?? Bei Berührung des Klodeckels geht der doch von selber hoch. Ist ja gut ich fass nichts mehr an.

Nach einigen Wochen Eingewöhnungsphase ließ sich ein regelmäßiges Studentenleben an der Dokkyo-Universität in Saitama führen, bei dem es aber immer neue und interessante Sachen zu erleben und zu entdecken galt. Das Praktikum bei der Japanisch-Deutschen Gesellschaft war ein erneuter Sprung ins kalte Wasser. Statt internationales Wohnheim Gastfamilie, statt Uni-Alltag Arbeitsalltag. Jetzt hieß es erneut Freunde finden, mit anderen Menschen klarkommen und seinen Alltag gestalten.

Natürlich gab es unzählige überraschende sowie positive als auch negative Momente, die mich aber alle an Erfahrung reicher gemacht haben. Wenn man feststellt, das in dem Pappbrötchen, dass man sich im Supermarkt gekauft hat, eine pappsüße Puddingmasse drin ist kann das einem schon mal den Appetit verderben. Auch Brötchen aus Reis mit Soja-Soße hat das Land zu bieten. Von vergiftetem Fisch (Kugelfisch) und sämtlichen Innereien als Eintopfform mal ganz abgesehen. Wenn man im Frühling kalten Kaffee oder Soba-Nudeln mit Eiswürfeln serviert bekommt, guckt man auch erstmal doof. Am Abend im Internet einen Flug für den nächsten Morgen um 8 Uhr zu buchen, den dann am gleichen Tag eben in irgendeinem Convenience Store, der 24 Stunden geöffnet hat, zu bezahlen und dann noch am Flughafen per Automat einzuchecken ist dagegen auch Japan.

Es war wohl eine der besten und richtigsten Entscheidungen meines Lebens dieses Auslandsjahr anzutreten. Ich habe so viele verschiedene Menschen kennengelernt, so viele interessante Tempel und Schreine besucht, so unglaublich viele verschiedene Köstlichkeiten gegessen, eine unglaublich interessante Kultur kennengelernt und musste mich überall durchkämpfen und (fast) alles selber organisieren. Und das in einer fremden Sprache. Ich denke ich werde mein Leben lang von diesen Erfahrungen und Erlebnissen zehren und noch oft an dieses Jahr zurückdenken.

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